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Corona-Maßnahmen Lauterbach fordert unbefristeten Lockdown

Der SPD-Politiker Karl Lauterbach glaubt, dass die Inzidenz der Corona-Infektionen noch stärker gesenkt werden muss als bislang geplant. Dazu sollten die aktuellen Beschränkungen unbefristet fortgesetzt werden.
Karl Lauterbach (SPD) mit Mund-Nasenbedeckung bei einer Sitzung des Bundestages

Karl Lauterbach (SPD) mit Mund-Nasenbedeckung bei einer Sitzung des Bundestages

Foto: Kay Nietfeld / dpa

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert die Regierungschefs von Bund und Ländern auf, ihre Strategie zur Eindämmung des Coronavirus zu verschärfen. »Es wäre katastrophal, wenn wir zu früh den Shutdown beenden«, sagte Lauterbach dem SPIEGEL. Er schlug einen Richtwert von maximal 25 Infektionen pro 100.000 Menschen und Woche vor.

Statt die Maßnahmen erst zu lockern und dann wieder zu verschärfen, forderte er einen zeitlich unbegrenzten Shutdown. »Noch einmal können wir dann strengere Maßnahmen kaum mehr begründen. Der Widerstand in der Bevölkerung wäre dann zu groß«, sagte Lauterbach.

Zudem verwies er auf die neue Mutation des Coronavirus . Ein Inzidenzwert von 50 reiche nicht aus, »weil wir es in Zukunft wahrscheinlich mit einer Virusvariante zu tun haben werden, die wesentlich ansteckender ist als die bisher in Deutschland verbreitete«, sagte er zudem der »Passauer Neuen Presse«. Die Rate der Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen müsse stattdessen auf 25 gesenkt werden. Am Sonntag lag sie in Deutschland bei 139,6.

Lauterbach forderte zudem eine »pragmatisch-intelligente« Impfstrategie. Dazu gehöre die Einsicht, dass die Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna zunächst begrenzt bleiben. Die Ständige Impfkommission müsse jetzt prüfen, ob eine vorgezogene Erstimpfung auch in Deutschland praktiziert werden sollte, ähnlich wie in England. »Es gilt, in den nächsten zwölf Wochen so viele Menschen wie möglich mit der Erstimpfung zu versorgen. Die Zweitimpfung könnte dann danach erfolgen«, sagte Lauterbach der Zeitung.

Den Willen zu einem vorsichtigen Kurs teilt der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). Er sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, Bund und Länder dürften keine Risiken eingehen. Er verwies ebenfalls insbesondere auf die neue Virusmutation B.1.1.7  mit ihrer erhöhten Ansteckungsgefahr. »Unsere Krankenhäuser sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit, und ohne eine Verlängerung des Lockdowns bekommen wir die Lage nicht dauerhaft in den Griff«, sagte Hans.

Regelunterricht »illusorisch«

Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte bekannt gegeben, eine vollständige Rückkehr zum Präsenzunterricht in allen Jahrgängen sei aufgrund der derzeitigen Infektionslage »nicht vorstellbar«. Präsenzunterricht könne allenfalls mit dem Tragen von Masken und strengster Einhaltung der Hygienevorschriften stattfinden. »Für die älteren Jahrgänge wäre Wechselunterricht dann momentan angezeigt«, sagte Karliczek.

Die Infektionszahlen seien »weiter besorgniserregend hoch« und die Auswirkungen der Feiertage auf die Corona-Lage noch unklar, so Karliczek gegenüber der Funke-Mediengruppe. »Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Lage an den Schulen wie die Situation insgesamt in den nächsten Wochen schwierig bleibt.«

Weniger eindeutig scheint die Lage bei Grundschulen und Kitas, über deren Wiederöffnung die Meinungen stärker auseinandergehen als bei weiterführenden Schulen. Hier könne nicht rein nach Infektionsschutzgesichtspunkten entschieden werden, so die Bildungsministerin. Es sei eine umsichtige politische Abwägung erforderlich.

Unterstützung für diesen Kurs bekam sie von SPD-Chefin Saskia Esken, die eine schnelle Rückkehr der Schulen zum Regelbetrieb nach dem 10. Januar als »illusorisch« bezeichnete. »Die weiterführenden Schulen sollten ihre Schüler und Schülerinnen in den nächsten Wochen weiter in Distanz unterrichten«, sagte sie der »Rheinischen Post«. Auch wenn die Infektionszahlen Ende Januar erste Lockerungen möglich machten, werde volle Präsenz nur in den Grundschulen möglich sein.

Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: »Es spricht sehr viel dafür, dass Wechsel- und Distanzunterricht in den kommenden Wochen mit Blick auf die Corona-Pandemie das Gebot der Stunde bleiben.«

Am Dienstag wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder über das Vorgehen in der Coronakrise über den 10. Januar hinaus entscheiden. Bis dahin gelten die aktuellen strikten Eindämmungsmaßnahmen.

ire/dpa
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