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Pleite bei Drittligist Türkgücü München stellt den Spielbetrieb ein – das wirbelt die Liga durcheinander

Zum ersten Mal im deutschen Profifußball stellt ein Verein in der laufenden Saison den Spielbetrieb ein. Der Rückzug des bankrotten Türkgücü München verändert die Situation im Auf- und Abstiegsrennen.
Traurige Premiere in der dritten Liga: Türkgücü München muss in der laufenden Saison den Spielbetrieb einstellen

Traurige Premiere in der dritten Liga: Türkgücü München muss in der laufenden Saison den Spielbetrieb einstellen

Foto: IMAGO/Sven Leifer / IMAGO/foto2press

Der Fußball-Drittligist Türkgücu München stellt seinen Spielbetrieb zum Ende des Monats ein. Das gab der Klub durch seinen Insolvenzverwalter bekannt. Dass sich ein Verein in der laufenden Spielzeit abmeldet, hat es zuvor noch nicht im deutschen Profifußball gegeben.

Am 27. Januar hatte der Tabellenletzte bereits Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens angemeldet und dafür vom DFB einen Neun-Punkte-Abzug hinnehmen müssen. Vereinspräsident und Mäzen Hasan Kivran war offenbar nicht mehr bereit, die finanziellen Löcher der Münchner zu stopfen, hatte seine 89 Prozent Anteile am Verein Ende des vergangenen Jahres verkauft und den Verein damit faktisch bankrottgehen lassen. Die Suche nach neuen Investoren scheiterte.

Große Auswirkungen auf die Tabelle

Der Rückzug von Türkgücü wirbelt die Tabelle der dritten Liga gehörig durcheinander: Alle gegen den Verein erspielten Punkte werden den Mitbewerbern abgezogen. Besonders hart trifft es den FC Saarbrücken im Rennen um den Aufstieg. Nach den 3:1- und 5:1-Siegen gegen Türkgücü verliert Saarbrücken sechs Punkte und steht nun auf Rang vier hinter Braunschweig, das wie Magdeburg und Kaiserslautern drei Zähler verliert. Zuvor war Saarbrücken Dritter.

Türkgücü steht als erster Absteiger auf dem letzten Tabellenplatz fest. Dadurch schiebt sich Viktoria Berlin auf den rettenden Platz 16. Verl steht auf dem ersten Abstiegsplatz, gefolgt von Würzburg, dessen Rückstand von drei auf vier Punkte anwächst. Der Hallesche FC verliert vier Punkte, hat dadurch aber lediglich einen Punkt weniger Abstand auf die Abstiegsplätze als zuvor.

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Kurios könnte es für den 1. FC Kaiserslautern werden: Das Team hätte am letzten Spieltag zu Hause gegen Türkgücü antreten sollen. Sollte sich der FCK nicht vorab für den Aufstieg qualifizieren, so müsste das Team am letzten Spieltag wohl vor dem Fernseher bangen.

Saarbrücken hat bereits rechtliche Schritte angekündigt. »Wir werden alle juristischen Möglichkeiten nutzen, um dieses unsportliche und unfaire Vorgehen des Punktabzuges zu verhindern«, teilte der Verein mit.

Saarbrücken verweist darauf, dass sportliche Konsequenzen wie durch die Türkgücü-Duelle entstandene Sperren nicht rückgängig gemacht werden können. »Die sogenannten Insolvenzregeln, die nun zur Anwendung kommen, sind sowohl in sportlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht untragbar und müssen geändert werden«, schrieb Saarbrücken weiter in seiner Stellungnahme: »Es kann nicht sein, dass Klubs unverschuldet dafür bestraft werden, dass andere Vereine unter Aufsicht des DFB Misswirtschaft betrieben haben.«

Peinlich für die Liga

Auch für die Liga und den DFB ist der Rückzug von Türkgücü besonders bitter. Vielfach war das Lizenzverfahren des DFB bereits kritisiert worden. Manuel Hartmann, Geschäftsführer Spielbetrieb der für die 3. Liga zuständigen DFB GmbH & Co. KG, bemühte sich deshalb in einer Pressemitteilung umgehend um Schadensbegrenzung: »Das ist ein trauriger Tag für die 3. Liga. Den größten Schaden haben natürlich Türkgücü München und seine betroffenen Mitarbeiter*innen. Gleichzeitig ist es für die gesamte Liga und den Wettbewerb negativ, wenn ein Klub während der Saison ausscheidet. Ziel muss sein, dass dieser Fall in der 3. Liga einmalig bleibt.«

Der DFB gehe mit der Insolvenz »selbstkritisch« um, so Hartmann, und werde »selbstverständlich prüfen, ob Fehler im Rahmen des Zulassungsverfahrens gemacht wurden«. Hartmann führte aus, dass bei Türkgücü die Personalausgaben Spielbetrieb von ursprünglich drei auf fünf Millionen Euro gestiegen waren. Der Verein unterhielt einen, auch für Drittligaverhältnisse, ungewöhnlich großen Kader von 33 Spielern.

Nach dem Ausscheiden von Türkgücü ist auch der Abzug von elf Punkten, den der DFB in den vergangenen Wochen gegen den Klub ausgesprochen hatte, nicht mehr relevant. Neun Zähler waren Türkgücü aufgrund des Insolvenzantrags aberkannt worden. Weitere zwei Punkte hatten die Münchner wegen eines Auflagenverstoßes eingebüßt.

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