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Massiver Preisanstieg So lange müssen Verbraucher in Deutschland für einen Liter Benzin arbeiten

Benzin ist teurer geworden – aber wie teuer ist es im historischen Vergleich? Nimmt man die nötige Arbeitszeit als Maß, kostet es so viel wie noch nie seit der Wiedervereinigung – aber deutlich weniger als noch vor Jahrzehnten.
Günstig war gestern: Benzinpreise an einer Tankstelle

Günstig war gestern: Benzinpreise an einer Tankstelle

Foto: Sebastian Kahnert / picture alliance / dpa

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Die Spritpreise sind rasant gestiegen. Wer das nicht schon selbst an der Zapfsäule bemerkt hatte, dem rief es kürzlich der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) entgegen. In einem wackligen Selfievideo von der Tankstelle forderte Hans eine Deckelung der Benzinpreise, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) tat es ihm mittlerweile nach.

Der nominelle Anstieg der Spritpreise ist unverkennbar, innerhalb kürzester Zeit stiegen Super und Diesel deutlich über zwei Euro. Doch wie sehr belasten solche Preise die Kaufkraft der Verbraucher? Das lässt sich unter anderem an der Arbeitszeit messen, die im Durchschnitt zum Kauf eines Liters Benzin aufgewendet werden muss.

Christoph Schröder, Ökonom am arbeitgeberfinanzierten Institut der deutschen Wirtschaft (IW), berechnet solche Werte seit Langem für die verschiedensten Güter, auch Benzin. Für den SPIEGEL hat er seine Berechnungen nun mit den aktuellen Spritpreisen aktualisiert.

Das Ergebnis: Aktuell arbeiten deutsche Autofahrer pro Liter durchschnittlich 6,6 Minuten und damit zwei Minuten mehr als im Vorjahr. Für die Füllung eines 40-Liter-Tanks muss also fast anderthalb Stunden länger gearbeitet werden als im Vorjahr. »Dies ist – zumindest verglichen mit den Jahresdurchschnittswerten – ein Rekordwert im Zeitraum nach der Vereinigung«, sagt Schröder. Der bisherige Höchststand der vergangenen 30 Jahre lag bei 6,2 Minuten im Jahr 2012 (der Benzinpreis lag damals bei 1,60 Euro).

Der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr fällt diesmal auch deshalb besonders deutlich aus, weil die Benzinpreise 2021 unter dem langjährigen Durchschnitt lagen. Zwischen 2000 und 2020 mussten Autofahrer laut Schröder im Schnitt 5,2 Minuten pro Liter arbeiten. Der bisherige Höchststand der vergangenen 30 Jahre lag bei 6,2 Minuten im Jahr 2012 (der Benzinpreis lag damals bei 1,60 Euro). Blickt man noch deutlich weiter zurück, relativieren sich die Werte zusätzlich: Im Jahr 1960 arbeiteten deutsche Verbraucher für jeden Liter noch 16 Minuten, also mehr als doppelt so lange wie heute.

In den folgenden Jahren sanken die Spritkosten damals jedoch schnell und über lange Zeit. Mittlerweile, das zeigen Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung , sind die um Einkommen und Inflation bereinigten Preise wieder auf demselben Niveau wie gegen Ende der Sechzigerjahre.