Bundestag verabschiedet SanInsFoG

von | 18. Dezember 2020 | Restrukturierung, Sanierung

Vorschläge aus der Praxis finden Gehör

von Prof. Dr. Rolf-Dieter Mönning, Aachen

Mit großer Mehrheit hat der Bundestag am 17.12.2020 das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts verabschiedet, das bereits am 1.1.2021 in Kraft treten soll. Wie in einem Baukasten enthält das Gesetz spezielle Regelungen zur Bewältigung der befürchteten Auswirkungen der COVID 19 Pandemie (COVID Schutzschirm), zur Ergänzung der Insolvenzordnung mit neuen Regeln für den Zugang zur Eigenverwaltung und zur Umsetzung des Präventiven Restrukturierungsrahmens der EU in nationales Recht. Letzteres erfolgt mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen – StaRUG, das in seiner Zielsetzung einerseits unionsrechtlichen Vorgaben verpflichtet ist andererseits aber auch die zur Verfügung stehen Gestaltungsspielräume ausschöpft. 

Besonders bemerkenswert ist, dass der Gesetzgeber Anregungen und Vorschläge aus der Praxis berücksichtigt und das Gesetz in einigen Punkten nochmals substanziell geändert hat. Aufgegriffen wurden dabei insbesondere Kritikpunkte, die sowohl in der Stellungnahme des Bundesrats als auch in der Anhörung von Gutachtern in der Sitzung des Rechtsausschusses am 25.11.2020 geäußert wurden.

Dies gilt vor allem für die von der Sanierungspraxis fast einhellig abgelehnte Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung von Verträgen, die einen massiven Eingriff in das deutsche Obligationenrecht und eine Verletzung des hehren Grundsatzes „pacta sunt servanda“ bedeutet hätte. Gestärkt wurde auch das Schutzschirmverfahren, das jetzt speziell auf die Pandemiebewältigung ausgerichtet wurde. Anders als noch der Entwurf der Bundesregierung wahrt das vom Bundestag verabschiedete Gesetz den Abstand zwischen Restrukturierung und insolvenzgestützter Sanierung und folgt damit einer Forderung aus der Insolvenzpraxis, die auch vom Bundesrat gestützt wurde.

Ob sich das Gesetz im Werkzeugkasten der Sanierung seinen Platz erkämpfen und seine Tauglichkeit unter Beweis stellen kann, wird angesichts des extrem kurzen Vorlaufs bis zu seiner Einführung schon die nahe Zukunft zeigen.

Stimmen zum Gesetz:

Prof. Dr. Herbert Hirte, CDU MdB, Stv. Vors. des Rechtsausschusses d. Deutschen Bundestags

„Die Regierungsfraktionen haben das geplante neue Sanierungsrecht für Unternehmen noch stark verändert. Der größte Kritikpunkt am Gesetz, die vorgesehenen Vertragsbeendigungen, wurde gestrichen, da die Sorge bestand, das Vertrauen in die Vertragstreue hierzulande grundlegend zu erschüttern. Durch die Änderungen im parlamentarischen Verfahren sind wir als Koalition überzeugt, im Zusammenspiel zwischen neuer Insolvenzordnung und StaRuG ein attraktives und modernes Sanierungsrecht zu schaffen.“

Dr. Karl-Heinz Brunner, SPD MdB, Berichterstatter im Rechtsausschuss 

„Dieses Gesetz schließt die Lücke zwischen dem Bereich der freien, ganz allein auf dem Konsens beruhenden Sanierung der Unternehmen einerseits und einer Sanierung im Insolvenzverfahren andererseits. Außerdem enthält es weitere Regelungen, die die Folgen der COVID-19 Pandemie abwenden oder abfedern soll.“

Thomas Harbrecht, Euler Hermes:

„Wir haben den Gesetzgebungsprozess seit 2016 eng begleitet und dabei fortlaufend darauf hingewirkt, dass im Rahmen der Gestaltung der Neuregelungen die Rechte der betroffenen Gläubiger, speziell der Lieferanten, angemessen gewahrt werden. Wir sehen das nun vorliegende Gesetz als wichtigen Meilenstein für eine Stärkung des Sanierungsstandortes Deutschland. Nachdem die von uns in der Vergangenheit über den GDV kritisierten Regelungen über die Eingriffe in die Sicherungsrechte der Lieferanten deutlich entschärft worden sind und jetzt auch die von allen Seiten heftig kritisierten Eingriffe in die Vertragsrechte komplett entfallen sind, haben wir die Hoffnung, dass sich dieser mit verschiedenen Restrukturierungstools bestückte Baukasten der Sanierung in der Praxis bewähren wird“

Burkhard Jung, Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU) Vorsitzender Fachverband Sanierungs- und Insolvenzberatung

„Das StaRUG und die insbesondere die Eigenverwaltung betreffenden Änderungen der Insolvenzordnung schaffen neue Möglichkeiten und notwendige Klarheit. Die gut gemeinten Erleichterungen des COVInsAG werden die Sanierungsberatung in 2021 allerdings zusätzlich komplex gestalten. Es ist gut, wenn der Gesetzgebungsprozess jetzt abgeschlossen wird und wir in die Umsetzung kommen; wir werden die tatsächlichen Auswirkungen der neuen Regeln erst in der tatsächlichen Arbeit sehen.“

Prof. Dr. Lucas Flöther, Sprecher des Gravenbrucher Kreis

Das SanInsFoG, das am 1. Januar 2021 in Kraft tritt, ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Etablierung einer echten Sanierungskultur in Deutschland. Es wird Unternehmen zugutekommen, die coronabedingt in Schieflage geraten sind. Dabei wird der vorgesehene „Corona-Schutzschirm“ das Kerninstrument zur Bewältigung der wirtschaftlichen Krise sein, die auf der Corona-Pandemie fußt.

Prof. Christoph Thole, Universität Köln

„Das StaRUG stellt einen guten Kompromiss zwischen Schuldner- und Gläubigerinteresssen dar. Auch die Änderungen in der InsO sind zu befürworten; praktisch bedeutsam ist die Überführung des § 64 GmbHG in den § 15b InsO“.

Dr. Dieter Körner, Vorstand BRSI – Bundesverband Repositionierung, Sanierung und Interim Management

„Das vorinsolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren für Unternehmen, die lediglich drohend zahlungsunfähig und nicht überschuldet sind, bietet präventive Stabilisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen, die vom Geschäftsführer mit den Gläubigern eigenständig ausgehandelt werden können. Eine hohe Flexibilität soll dazu führen, dem Unternehmen den späteren Malus einer Insolvenz zu nehmen und somit vor einem schlechten Ruf im Markt zu schützen“