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Bundeswahlausschuss Grüne im Saarland bleiben von Bundestagswahl ausgeschlossen

Die Saar-Grünen wollten unbedingt eine Frau als Spitzenkandidatin – und änderten kurzfristig ihre Landesliste. Schon die Landeswahlleiterin sah darin einen »schweren Wahlrechtsfehler«.
Jeanne Dillschneider, Grünen-Spitzenkandidatin im Saarland, auf dem Landesparteitag

Jeanne Dillschneider, Grünen-Spitzenkandidatin im Saarland, auf dem Landesparteitag

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Oliver Dietze / dpa

Die Grünen im Saarland dürfen keine Landesliste für die Bundestagswahl aufstellen. Das hat der Bundeswahlausschuss in einer Sitzung in Berlin entschieden. Der Ausschuss bestätigte damit eine Entscheidung der saarländischen Landeswahlleiterin. Die Beschwerde der Saar-Grünen gegen die Sperre wurde mit sechs Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen als unbegründet zurückgewiesen.

Die Landesliste der Grünen ist damit zur Wahl am 26. September nicht wählbar.

Der Landeswahlausschuss im Saarland hatte die Landesliste der Grünen am Freitag abgelehnt – und die Entscheidung über eine mögliche Zulassung dem Bundeswahlausschuss in Berlin überlassen. Begründet wurde die Sperre mit dem Ausschluss von 49 Delegierten vom Ortsverband Saarlouis bei der Aufstellungsversammlung der Liste. Landeswahlleiterin Monika Zöllner sprach von einem »schweren Wahlfehler« und einer Verletzung des Demokratieprinzips.

Die eingereichte Liste wurde auf dem Parteitag Mitte Juli aufgestellt – es war allerdings bereits die zweite Liste der Saar-Grünen. Auf diesem Parteitag war die Sprecherin der Grünen Jugend Saar, Jeanne Dillschneider, zur Spitzenkandidatin gewählt worden. Zuvor hatte das Landesschiedsgericht Rheinland-Pfalz die erste Landesliste der Grünen gekippt – bei der noch Ex-Landeschef Hubert Ulrich auf dem Spitzenplatz gestanden hatte.

Ausgeschlossener Ortsverband

Seine Wahl war für ungültig erklärt worden, auch weil nicht stimmberechtigte Parteimitglieder mitgewählt hatten. Zudem hatte es intern Kritik gegeben, unter anderem weil die Aufstellung gegen das Frauenstatut der Partei verstieß – denn demnach ist der Spitzenplatz eigentlich Frauen vorbehalten. In der kurzfristig einberufenen zweiten Abstimmung, auf der Dillschneider gewählt wurde, fehlten dann die Saarlouis-Delegierten – jener Ortsverband, dessen Vorsitzender der ursprüngliche Spitzenkandidat Hubert Ulrich ist.

Landeswahlleiterin Zöllner glaubt, die Delegierten wurden vorsätzlich ausgespart. Der Bundeswahlausschuss musste nun entscheiden, was schwerer wiegt: den Wählenden im Saarland gar keine Chance zu geben, die Grünen zu wählen – oder eine Liste zuzulassen, an der gut ein Drittel der Landesgrünen nicht mitwirken konnten. Bundeswahlleiter Thiel hielt es am Ende für undemokratisch, die Delegierten auszuschließen. Mit ihnen hätte die Landesliste deutlich anders ausgesehen.

Dillschneider fordert Parteiausschluss von Ulrich

Dillschneider zeigte sich über den Beschluss enttäuscht. »Für die Wählerinnen und Wähler ist das ein herber Verlust, sie können ihre Stimme nun nicht mehr für mehr Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit abgeben«, sagte sie dem SPIEGEL. Ihr Konkurrent Hubert Ulrich habe »mit seinem absoluten Machtanspruch nicht nur den Verband ins Chaos gestürzt, sondern es trotz zahlreicher Gelegenheiten nicht geschafft, eine rechtssichere Delegiertenliste aufzustellen«. Gemeinsam mit der Grünen Jugend Saar fordert Dillschneider Ulrich nun zum Parteiaustritt auf.

Auswirkungen auf die Zweitstimmen

Ohne Landesliste können Wählerinnen und Wähler im Saarland bei der Bundestagswahl am 26. September keine Zweitstimme für die Grünen abgeben. Dies dürfte auch das Gesamtergebnis auf Bundesebene beeinflussen – auch wenn wohl eher gering. Bei der Bundestagswahl 2017 hatten die Grünen an der Saar 35.117 Zweitstimmen bekommen, knapp ein Prozent aller Zweitstimmen für die Partei.

Der Bundeswahlausschuss besteht aus dem Bundeswahlleiter sowie zwei Richterinnen oder Richtern des Bundesverwaltungsgerichts und acht auf Vorschlag der Parteien berufenen Beisitzerinnen und Beisitzern. Neben den Grünen wurde in neun weiteren Fällen über Landeslisten verschiedener Parteien entschieden – darunter auch die Sperre der AfD-Landesliste in Bremen. In dem Fall hatte der Ausschuss zugunsten der AfD gestimmt und die Liste nachträglich zugelassen.

mrc/mfh/dpa