Herausforderungen der Automobilzuliefererbranche

Automobilzulieferer sind mit einem herausfordernden Umfeld konfrontiert, das u. a. von Überkapazitäten, Kostensteigerungen sowie hoher Unsicherheit geprägt ist. Diesen Herausforderungen ist teilweise nicht mehr allein über operative und finanzielle Maßnahmen zu begegnen – es bedarf vermehrt eines ganzheitlichen Transformationsprogramms inkl. einer strategischen und organisatorischen Neuaufstellung.

Makroökonomisch schwierige Gesamtlage
Das Jahr 2023 war erneut geprägt durch eine Vielzahl an Krisen. Während eine erste Erholung der COVID-19 Folgen einsetzte (z. B. Lieferkettenprobleme), waren insbesondere geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Unsicherheit an der Tagesordnung.

Themen wie Inflation, u. a. als Folge gestiegener Energiepreise, sowie der Arbeits- und Fachkräftemangel stellten Automobilzulieferer vor große Herausforderungen. Die erheblichen Zinssteigerungen führten zu erhöhten Finanzierungskosten, insbesondere bei anstehenden Refinanzierungen oder Investitionen.

Branchenspezifische Herausforderungen
In einem bereits anspruchsvollen gesamtwirtschaftlichen Umfeld sind Automobilzulieferer mit zusätzlichen branchenspezifischen Trends konfrontiert. Dazu gehören:

  • Überkapazitäten: Insbesondere in Europa liegt die Fahrzeugproduktion nach wie vor unter dem Niveau vor Beginn der Corona-Krise. Viele Zulieferer leiden daher unter schlecht ausgelasteten Linien oder ganzen Standorten.
  • Die Elektrifizierung der Branche fordert hohe Investitionen, auch für viele Zulieferer. Die Produktionsmengen der Elektrofahrzeuge liegen jedoch weit hinter den Erwartungen. Weitere Trends wie Digitalisierung und autonomes Fahren erfordern ebenfalls erhebliche Investitionen.
  • Verschlechterung der Liquiditätslage: Die niedrigen Produktionsvolumina der Jahre 2020 bis 2023, hohe Kostensteigerungen (Material, Energie, Logistik, Personal) sowie die zahlreichen Investitionserfordernisse haben die Liquidität der Zulieferer stark beeinträchtigt.

Ganzheitliche Transformation zur Anpassung an den raschen Wandel der Industrie erforderlich
Aufgrund der Vielzahl an Herausforderungen, aber auch zur Wahrnehmung der Chancen (z. B. Wachstum des Automobilmarkts in China, neue OEMs als zukünftige Kunden der Zulieferer, neue Technologien und Kundenbedürfnisse), ist eine finanzielle oder operative Transformation allein in vielen Fällen nicht mehr ausreichend. Es bedarf auch einer umfangreichen Prüfung der eigenen strategischen Positionierung sowie der Unternehmensorganisation. Zu den wichtigsten Hebeln für eine erfolgreiche Transformation gehören:

  • Strategische Neuausrichtung, z. B. höheres Engagement in Automobilregionen mit überdurchschnittlichem Wachstum, verstärkte Akquise von OEMs mit hohen Wachstumsaussichten, Adressierung von Märkten außerhalb der Automobilindustrie, Abstoßen von wenig attraktiven Randbereichen
  • Organisatorische Verschlankung, z. B. Anpassung der indirekten Funktionen, geeignete Zentralisierung, Verlagerung der Wertschöpfung in Niedriglohnländer, Outsourcing
  • Anpassung der Produktion, insbes. Optimierung des globalen Footprints
  • Optimierung des Einkaufs, z. B. Anpassung Lieferanten-Footprint, verstärkte Bemühungen zur Produktoptimierung gemeinsam mit der eigenen Entwicklung sowie Lieferanten
  • Verbesserung der Verkaufspreise durch intensivierte Verhandlungen mit OEMs
  • Abstimmung der Investitionen mit Strategie und Technologiebedarf

Durch die unternehmensspezifische Ausgestaltung der Hebel sowie die entschlossene Umsetzung im Rahmen eines ganzheitlichen Transformationsprogramms können Automobilzulieferer beträchtliche strategische und finanzielle Verbesserungen erzielen.

Über die Autoren:

Dr. Heiko Rauscher berät seit über 25 Jahren Unternehmen der Automobilindustrie. Seine Schwerpunkte liegen auf der strategischen und organisatorischen Neuausrichtung sowie auf Programmen zur Effizienzsteigerung.

Christian Müller berät seit 7 Jahren Unternehmen in herausfordernden Situationen. Als Senior Director bei FTI-Andersch verantwortet er neben Sanierungskonzepten und der ganzheitlichen Neuausrichtung von Unternehmen vor allem das Thema Liquiditäts- und Working Capital Management im internationalen Projektumfeld.