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5 Fragen an … PD Dr. Annette Jurke

© A. Jurke

5 Fragen an … PD Dr. Annette Jurke

Die Infektionsepidemiologin PD Dr. Annette Jurke leitet die Fachgruppe Infektionsepidemiologie des Landeszentrums Gesundheit Nordrhein-Westfalen. Dazu gehört die Überwachung von Infektionskrankheiten und Früherkennung von Ausbrüchen. Gerade in der Pandemie kommt der Meldestelle eine entscheidende Bedeutung zu.

 

Das von Ihnen eingereichte und im Rahmen des Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten geförderte Projekt „Medizintouristen – eine Quelle für importierte Pathogene. Eine Statuserhebung in NRW am Beispiel MERS-Coronavirus“ konnte aufgrund der aktuellen Pandemie noch nicht umgesetzt werden. Dennoch hatten Sie hier bereits Ihr Augenmerk auf ein für den Menschen gefährliches Coronavirus gelegt. Wie kam es dazu?

Die WHO hat MERS-CoV als einen Krankheitserreger eingestuft, dessen Erforschung priorisiert ist, ebenso wie die Entwicklung von Medikamenten und präventiven Maßnahmen gegen die MERS-CoV-Erkrankung. Zwar gibt es hier keine Hinweise auf eine anhaltende Mensch-zu-Mensch-Übertragung, doch haben sich in Krankenhäusern zum Teil große Ausbrüche ereignet. In Deutschland sind bislang drei MERS-Fälle bekannt geworden, von denen zwei im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben sind. Eine Person hat sich angesteckt, ist selbst allerdings nicht erkrankt. Importierte Krankheitsfälle sind demnach möglich und können, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt werden, im Krankenhaus zu weiteren Ansteckungen führen. Eine Vorbereitung auf einen solchen importierten Fall kann helfen, Folgefälle zu vermeiden.

 

Was ist Ihre Aufgabe im Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen?

Ich leite die Fachgruppe Infektionsepidemiologie. Wir unterstützen und beraten die Landesregierung und die Kommunen in allen Fragen des Infektionsschutzes so auch im Bereich Surveillance, Risikomanagement und im Bereich Prävention sexuell übertragbarer Infektionen. Als Landesmeldestelle für die Überwachung von Infektionskrankheiten beobachten wir das Infektionsgeschehen in Nordrhein-Westfalen und veröffentlichen dazu aktuelle Daten. Im Risikomanagement geben wir Empfehlungen zur Kontrolle von hochansteckenden Krankheiten und von Ausbrüchen. Wir unterstützen die Gesundheitsämter bei der Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes und erarbeiten risikogruppenspezifische Handlungsempfehlungen und Richtlinien. Über die Teilnahme an regionalen und überregionalen Fachgremien tragen wir zur Entwicklung von Konzepten, Leitlinien und Empfehlungen zur Infektionsprävention und -kontrolle bei.

 

Aktuell erstellen Sie einen täglichen Covid-19-Bericht. Wie genau funktioniert die Erstellung eines solchen Berichts?

Wenn ein Coronavirus SARS-COV-2 im Labor nachgewiesen wird, muss dieser Nachweis gemäß §7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 44a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden. Die Gesundheitsämter in NRW übermitteln die Daten zu den eingegangenen Meldungen spätestens am nächsten Arbeitstag an das Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG.NRW). Vom LZG.NRW werden die Daten weiter an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt.

Aus den an das LZG übermittelten SARS-CoV-2-Meldungen der Gesundheitsämter in NRW wird täglich mit dem „Automatisierten Infektionskrankheiten-Melde- und Informationssystem“ (AIM+) der Corona-Internetbericht zu den laborbestätigten COVID-19-Fällen in NRW erstellt und auf der Website des LZG.NRW veröffentlicht. Dabei werden die für den Bericht vordefinierten Formate mit den jeweils aktuellen Daten hinterlegt. Für den Bevölkerungsbezug (Inzidenzen) wird die aktuell verfügbare Bevölkerungszahl zum Jahresende verwendet.

 

Welche zusätzlichen Aufgaben kommen dem Landeszentrum Gesundheit innerhalb der Pandemie zu?

Als fachliche Leitstelle für den öffentlichen Gesundheitsdienst beraten und unterstützen wir das Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen sowie den Öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Pandemiebewältigung in Nordrhein-Westfalen. Wir beantworten Anfragen der Fachöffentlichkeit, von Bürgern und von der Presse zum Thema Coronavirus in NRW. Darüber hinaus beraten und unterstützen wir bei besonderen Ausbruchsgeschehen.

 

Inwiefern erfolgt eine Zusammenarbeit mit nationalen Instituten und Forschungslaboren?

Bei besonderen infektiologischen Lagen, bei Ausbrüchen aber auch im Rahmen wissenschaftlicher Studien kooperieren wir mit den nationalen Referenzzentren, den Konsiliarlaboratorien und weiteren diagnostizierenden Laboratorien. Wir koordinieren für den öffentlichen Gesundheitsdienst in NRW die Implementierung und das Monitoring von kostenfreien Testangeboten auf HIV und weiteren sexuell übertragbare Erkrankungen. Wir sind weiterhin an Sequenzierungs- und Feintypisierungsstudien mit Laborpartnern beteiligt. Eine Zusammenarbeit mit nationalen Instituten erfolgt unter anderem im Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren in Deutschland (STAKOB) oder beispielsweise in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Surveillance des Robert Koch-Instituts und der Bundesländer.

 

Das Interview führte Christoph Kohlhöfer.